Die zersägte Jungfrau im Spiegelreflex

voll erwischt

Die Mülltonne fühlt sich nicht, sie füllt sich.

Leider sind wir als Menschen in der Lage, zur Mülltonne zu werden – und es macht uns auch noch süchtig nach mehr. Und es kann dazu führen, dass wir uns fühlen wie das, was wir beherbergen.

Wollen wir in unseren Urzustand zurückkehren, brauchen wir Entzug.

Keine Schmerzherberge mehr sein wollen.

Wir sind miteinander verbundene Schöpfung, die mit dem Schöpfer verbunden ist. Aber es ist ein langer Weg, diese Verbundenheit liebend fühlen zu können.

Viel leichter teilen wir Schmerzen aus als Opfertäter oder Täteropfer.

Die Traumaspirale verhindert ein friedliches Leben.

Wir befinden uns damit im Krieg, es tobt ein ständiger Überlebenskampf mit den Facetten aus Flucht, Kampf, Angst, Betäubung, Belohnung, Schmerz, Wut, Hass, Bitterkeit, Selbstmitleid, Verzweiflung, Selbstzerstörung, Fremdzerstörung. Scham oder Schamlosigkeit. Und Formen von Narzissmus – wir nehmen uns selbst, was wir brauchen, Liebe als Schmerztablette.

Statt Bedürfnisse zu artikulieren in einem liebevollen Miteinander, werden wir zu randvollen Mülltonnen.

Um das ganze Chaos zu kontrollieren, hilft „teile und herrsche“. Das Bild der zersägten Jungfrau passt da gut – Kopf, Herz und Bauch sind voneinander getrennt, funktionieren losgelöst. Mit Applaus für den Täter, den Zersäger und mit Applaus für die Jungfrau, die geteilt funktioniert.

Durch die vielen Verwicklungen blockieren wir einander die Wege, kommen nicht in einen Kontext und Zusammenhang, der unsere innere Ordnung wiederherstellen hilft.

Ich hab für mich irgendwann – noch eher unbewusst – eine Art inneren Befehl entwickelt: „Alle Gefühle gehen zurück an ihren Platz, alle Verantwortung geht zurück an ihren Platz.“

undurchsichtig durchsichtig

Das war ein erster Ansatz, um meine Sensitivität aufatmen zu lassen.

Dann folgte eine Phase des inneren Aufräumens, der eine Phase des äußeren Aufräumens folgte.

alte Hüte

Wie oft am Tag leben wir in der Vergangenheit?

Wie oft lenken wir uns ab, statt zu fühlen und zu spüren, was wirklich ist?

Nichts geht mehr?

Sich dem inneren Schmerz zu nähern, braucht Mut und den Willen zur Konsequenz. Den Zeigefinger mal auf sich selber richten – und mal alles aushalten, was er so aufzeigt. Auch Trauer und Traurigkeit.

Ich entwickelte ein Gebet: „Bitte zeige mir meinen blinden Fleck. Ich will aushalten, was mir angetan wurde, ich will aushalten, was ich angetan habe.“

Den Schleier lüften

Wichtig in dem ganzen Prozess ist, dass es hier niemals um die Schuldfrage geht, sondern um eine Metaebene, auf der alles einfach sichtbar wird. Denn sonst wirkt es im Unbewussten und führt zu unbewussten inneren Fehlhaltungen, und diese führen zu Schuldgefühlen, zu Anklage und Selbstanklage. Als die Sprache der inneren Ohnmacht. Deren dickste Freundin die Angst ist.

Es gibt Dynamiken in Familien, in Gesellschaften, in Gegenden, in Situationen und Umständen… wir dürfen uns dem stellen, was uns geprägt hat und prägt. Wenn wir dazu Mut entwickeln, werden wir immer erleichterter weiterleben und frei werden, unsere eigene Verantwortung zu tragen. Wenn nicht, werden wir unserem unbewussten Spiegelreflex ausgeliefert bleiben und durch Nachahmung, blinden Gehorsam und unreflektierte Anpassung oder kindliche Rebellion ein Weiterentwickeln verhindern bei uns und anderen.

Die alten Verhaltensautobahnen nicht mehr zu befahren, sondern kühn neue Trampelpfade anzulegen, macht Sinn. Legt den Sinn frei. Wir bringen mehr Frucht und horten weniger Müll. Das kommt den nächsten Generationen zugute. Bringt uns miteinander in Verbindung, wir fördern und nähren einander.

Dann kann die Sensitivität in uns aufblühen und Lösungen in Liebe kreieren.

Unser Herz wird zum Vertrauensraum. Lebendige Liebe fließt und fließt einfach über. So ist Sensitivität gedacht. Und in jedem Menschen angelegt. Sie kennt keine Trennung.

Es gibt unzählige Wege. Manche Wegstrecken benötigen Hilfe, andere Einsamkeit, wieder andere nur Ruhe und Zeit. Jeder Schritt lohnt sich. Jeder Lebensweg ist ein lebendiges Zeugnis.

helle Freude

Frage dich, was du von ganzem Herzen geben kannst. Und dann gehe los, um nach dem Weg zu suchen.

Ich sage an dieser Stelle allen Menschen danke, die mutig ihre Geschichten ins Internet stellen, Geschichten, die ihr Leben geschrieben hat, und an denen wir miteinander lernen können. Als ein Beispiel möchte ich eine junge Frau erwähnen, die sich einen Van ausgebaut hat. Sie erzählte, wie in dem alten, leeren Transporter ihre ungesicherte Tasse herumrollte. Das war ihr Anfang, der alte Van und eine Tasse. Was ist dein Anfang?

Entwickeln wir miteinander Mut, den kleinen Anfängen Vertrauen und Liebe zu schenken mit der Kraft, die wir von unseren leidvollen Gedanken und Mustern abziehen. Dazu wünsche ich dir viel Freude, Hoffnung, Neugier und ein ganz kühn schlagendes Herz.

Reife Ernte

11 Du wirst mir den Weg zum Leben zeigen und mir die Freude deiner Gegenwart schenken. Aus deiner Hand kommt mir ewiges Glück. (Psalm 16,11)

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